Samstag, November 22, 2008
Die Wiedergeburt der Roten Pfeile
Bereits in den dreissiger Jahren haben die SBB schnelle leichte Triebwagen beschafft, mit denen der Reiseverkehr revolutioniert werden sollte. Ihr auffälliges Design wurde durch einen knallroten Anstrich unterstützt - der Rote Pfeil war geboren.
Die Fahrzeuge waren so erfolgreich, dass sie von ihrem eigenen Erfolg überrollt wurden. Sie waren schnell dem Ansturm der Passagiere nicht mehr gewachsen und mussten durch lokbespannte Züge ersetzt werden.
Weniger bekannt dürfte sein, dass diese Fahrzeuge auch das Radsatzwellenleiden hatten: nach einem Achsbruch in Flüelen musste die Flotte stillgelegt werden bis alle Achsen ausgetauscht waren. Grund war mangelhaftes Material.
In jüngster Zeit kriegt der rote Pfeil Konkurenz:
Zuerst präsentiert NTV, die erste Privatbahn, die in den Hochgeschwindigkeitsverkehr einsteigen will, ihre roten AGV Züge, die auf .Italo getauft worden sind. Der Punkt im Namen soll Assoziationen mit dem Internet erzeugen und das Produkt modern erscheinen lassen. NTV steht übrigens für Nuovo Trasporto Viaggiatori, zu deutsch Neuer Transport für Reisende.
Erst anfangs November präsentierte dann Trenitalia das neue Design der ETR 500 Züge, die neu auf den Namen Freccarossa hören werden:
Die Züge werden ab 13 Dezember auf der neuen Hochgeschwindigkeitsstrecke Milano - Bologna verkehren. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 300 km/h so dass die Strecke in etwas mehr als einer Stunde zurückgelegt werden kann. Ab 2009 soll dann die ganze Strecke Turin - Salerno befahren werden können. Die beinahe tausend Kilometer lange Metro für ganz Italien hat zwar etwas Verspätung gegenüber der ursprünglich vorgesehenen Marschtabelle, ist aber auf gutem Weg das Reiseverhalten der Italiener zu revolutionieren.
Weniger bekannt dürfte sein, dass auch in Russland ein красная стрела (Roter Pfeil) fährt. Der Nachtzug verkehrt seit 1931 zwischen Moskau und Sankt Petersburg. Heute besteht er aus modernen deutschen Schlafwagen mit Scheibenbremsen und benötigt für die Strecke gut acht Stunden.
Labels: Hochgeschwindigkeitszug, Italien, Radsatzwelle, Roter Pfeil
Mittwoch, November 05, 2008
ICE Radsatzwellen Gedanken
Ich habe schon lange nichts mehr zu den Radsatzwellen geschrieben. Nachdem am 9. Juli bei einem ICE3 in Köln eine Radsatzwelle gebrochen war, wurden am 16. Oktober auch Risse bei den ICE-T Zügen entdeckt und am 2. November wurden auch die Berliner S-Bahnen zu häufigeren Wartungen einberufen. Es fragt sich, welche Fahrzeuge als nächstes dran sind.
Gebrochene Radsatzwelle des ICE3 in Köln
Mittlerweile sind diverse Ungereimtheiten an den Tag gekommen: Zuerst streitet man sich darum, wer denn die Notbremse im ICE in Köln gezogen hätte, dann heisst es "kein Materialfehler", aber bald melden Experten Zweifel an der Auslegung der Radsatzwellen und deren Festigkeit an. Dass Problem beginnt grössere Dimensionen anzunehmen, doch das wird von der Bahn vertuscht aus Angst vor negativen Folgen auf den geplanten Börsengang. Die Industrie soll verklagt werden, wegen mangelhaft gelieferten Fahrzeugen. Dies dürfte aber schwierig sein, da Leute der Deutschen Bahn bei der Ausarbeitung der geltenden technischen Normen über die Auslegung von Radsatzwellen dabei waren.
Vielleicht liegt das Problem auch daran, dass noch zu wenig Erfahrung mit dem Zusammenspiel Hochgeschwindigkeitszüge /Feste Fahrbahn besteht (FAZ). Der feste Oberbau ist verlockend weil er weniger Unterhaltskosten verspricht. Schotter hat auf Hochgeschwindigkeitsstrecken eine kurze Standzeit. Die Steine zerbröckeln unter den hohen impulsartigen Belastungen der Züge schneller, so dass das Schotterbett seine dämpfenden Eigenschaften verliert und ausgetauscht werden muss.
Ich denke es ist schwierig über die Lösung von Problemen in einem technisch komplexes System zu diskutieren, wenn man nur Wirtschaft und Rechtssprechung im Kopf hat. Die Probleme lassen sich nämlich meist nicht eindeutig einer einzigen Komponente zuordnen, so dass sich Verantwortung und Kostenübernahme nicht klar aufteilen lassen.
Die Weiterentwicklung der Bahn in Europa wird dadurch immer schwieriger. Man scheut sich vor neuen technischen Lösungen, weil man sich vor den juristischen und wirtschaftlichen Folgen fürchtet.
Die Bahngesellschaften lehnen in den letzten Jahren jede technische Systemverantwortung ab und wollen nur noch Züge fahren sehen. Die Lieferanten der Einzelteile des Systems, sei es die Fahrbahn oder die Fahrzeuge, werden für die technische Funktion des Gesamtsystems verantworltich gemacht. Hilflos wird versucht, die Technik in Normen zu pressen, die meist schon vor ihrer Ausgabe überholt sind. Die Industrie konzentriert sich darauf nachzuweisen, dass ihre Fahrzeuge den Normen entsprechen und hat dadurch keine Zeit mehr, sich um die echten technischen Probleme und um die Weiterentwicklung des Systems zu kümmern.
Wir sind auf dem besten Weg dazu, die Eisenbahn ähnlich wie in den USA technisch verarmen zu lassen. Viele Dinge wurden seit Jahren nicht mehr angetastet. Die Folgen technischer Entwicklungsfehler sind nicht mehr kalkulierbar.
Juristen und Behörden, bitte gebt die Bahn den Ingenieuren zurück. Nur so können die technischen Probleme gelöst werden, nur so kann sich das System weiterentwickeln.
Labels: ICE, Radsatzwelle
Donnerstag, Oktober 16, 2008
ICE Achsen
Neben den ICE3 Zügen müssen nun auch die ICET (Neigezüge) häufiger zur Kontrolle der Achsen. (Welt). Es gibt in den nächsten Tagen Zugsausfälle.
Labels: ICE, ICE3, Radsatzwelle
Montag, Juli 21, 2008
ICE3: Radsatzwelle von aussen beschädigt
Die Radsatzwelle ist nach Angaben der Bahn von aussen beschädigt gewesen - dürfte nach meiner Meinung bei einem Bruch immer der Fall sein. (afp)
Bei einer Radsatzwelle beginnt der Riss meistens bei einer Beschädigung an der Aussenseite und wächst nach Innen. Allfällige Lunker würden das Risswachstum fördern, deshalb sind sie auch so gefährlich. Ich denke aber, dass diese bereits bei der Herstellung entdeckt worden wären und in diesem Fall die betroffene Welle gar nie zum Einsatz gekommen wäre.
Beschädigungen durch fliegende Fremdkörper im Besonderen Schottersteine sind typische Ansatzpunkte für die Rissbildung. In Schweden wurde an den X2000 Zügen spezielle Kunstoffbeschichtungen aufgetragen. Zumindest bei den ersten Versionen führten Beschädigungen der Beschichtung dazu, dass Wasser zwischen Beschichtung und Radsatzwelle gelangte und dort Korrosionsschäden verursachte, welche wiederum Ausgangspunkte für Risse waren.
Schottersteinen beginnen bei Geschwindigkeiten über 300 km/h zu fliegen. Die Steine werden nicht durch den Luftzug der vorbeifahrenden Züge hochgehoben, sondern durch die bei hohen Geschwindigkeiten nur sehr kurze Einfederung des Oberbaus. Dieser sehr steile Impuls bewirkt, dass die Schottersteine hochgehoben werden.
Der Effekt lässt sich am ehesten mit Biergläsern auf einem Gartentisch veranschaulichen: drückt man langsam auf den Gartentisch und lässt langsam wieder los, passiert nichts; schlägt man auf den Gartentisch, fliegen die Biergläser in die Luft.
Die ICE3, welche nach Frankreich fahren, sind zum Schutz gegen die fliegenden Schottersteine auf der Unterseite verkleidet, so dass die Steine nicht an die Radsatzwelle gelangen können. Dies war nötig weil in Frankreich die Hochgeschwindigkeitsstrecken bis zur Schwellenoberkante eingeschottert sind. Zumindest am Anfang verkehrten die Züge ohne dieser Verkleidung auf den deutschen Hochgeschwindigkeitsstrecken in der Annahme, dass keine Schottersteine die Radsatzwellen beschädigen können, wenn der Schotter nur bis maximal 4 cm unter der Schwellenoberfläche liegt.
Im Spiegel ist ein Artikel mit den Äusserungen von Vatroslav Grubisic erschienen,der ein Versagen schon lange befürchtet hat - allerdings nicht wegen Materialfehlern, sondern wegen ungenügender Dimensionierung. (SPON)
Die Normenlage bezüglich Radsatzwellen ist übrigens wie folgt:
EN13103 (Ausgabe 2001) beschreibt die Berechnung der Radsatzwelle von Laufradsätzen
EN13104 (Ausgabe 2001) beschreibt die Berechnung der Radsatzwelle von Triebradsätzen
EN13260 (Ausgabe 2006) beschreibt die Toleranzen und Prüfung von Radsätzen
EN13261 (Ausgabe 2006) beschreibt die Toleranzen und Prüfung von Radsatzwellen
Aus meiner Sicht ist wichtig, dass der Unfall in Köln richtig untersucht wird und daraus die richtigen Lehren gezogen werden. Bei jeder technischen Entwicklung muss kann es vorkommen, dass frühere Schritte nochmals überdacht werden müssen.
Bei einer Radsatzwelle beginnt der Riss meistens bei einer Beschädigung an der Aussenseite und wächst nach Innen. Allfällige Lunker würden das Risswachstum fördern, deshalb sind sie auch so gefährlich. Ich denke aber, dass diese bereits bei der Herstellung entdeckt worden wären und in diesem Fall die betroffene Welle gar nie zum Einsatz gekommen wäre.
Beschädigungen durch fliegende Fremdkörper im Besonderen Schottersteine sind typische Ansatzpunkte für die Rissbildung. In Schweden wurde an den X2000 Zügen spezielle Kunstoffbeschichtungen aufgetragen. Zumindest bei den ersten Versionen führten Beschädigungen der Beschichtung dazu, dass Wasser zwischen Beschichtung und Radsatzwelle gelangte und dort Korrosionsschäden verursachte, welche wiederum Ausgangspunkte für Risse waren.
Schottersteinen beginnen bei Geschwindigkeiten über 300 km/h zu fliegen. Die Steine werden nicht durch den Luftzug der vorbeifahrenden Züge hochgehoben, sondern durch die bei hohen Geschwindigkeiten nur sehr kurze Einfederung des Oberbaus. Dieser sehr steile Impuls bewirkt, dass die Schottersteine hochgehoben werden.
Der Effekt lässt sich am ehesten mit Biergläsern auf einem Gartentisch veranschaulichen: drückt man langsam auf den Gartentisch und lässt langsam wieder los, passiert nichts; schlägt man auf den Gartentisch, fliegen die Biergläser in die Luft.
Die ICE3, welche nach Frankreich fahren, sind zum Schutz gegen die fliegenden Schottersteine auf der Unterseite verkleidet, so dass die Steine nicht an die Radsatzwelle gelangen können. Dies war nötig weil in Frankreich die Hochgeschwindigkeitsstrecken bis zur Schwellenoberkante eingeschottert sind. Zumindest am Anfang verkehrten die Züge ohne dieser Verkleidung auf den deutschen Hochgeschwindigkeitsstrecken in der Annahme, dass keine Schottersteine die Radsatzwellen beschädigen können, wenn der Schotter nur bis maximal 4 cm unter der Schwellenoberfläche liegt.
Im Spiegel ist ein Artikel mit den Äusserungen von Vatroslav Grubisic erschienen,der ein Versagen schon lange befürchtet hat - allerdings nicht wegen Materialfehlern, sondern wegen ungenügender Dimensionierung. (SPON)
Die Normenlage bezüglich Radsatzwellen ist übrigens wie folgt:
EN13103 (Ausgabe 2001) beschreibt die Berechnung der Radsatzwelle von Laufradsätzen
EN13104 (Ausgabe 2001) beschreibt die Berechnung der Radsatzwelle von Triebradsätzen
EN13260 (Ausgabe 2006) beschreibt die Toleranzen und Prüfung von Radsätzen
EN13261 (Ausgabe 2006) beschreibt die Toleranzen und Prüfung von Radsatzwellen
Aus meiner Sicht ist wichtig, dass der Unfall in Köln richtig untersucht wird und daraus die richtigen Lehren gezogen werden. Bei jeder technischen Entwicklung muss kann es vorkommen, dass frühere Schritte nochmals überdacht werden müssen.
Labels: Hochgeschwindigkeitszug, ICE3, Radsatzwelle
Sonntag, Juli 13, 2008
Radsatzwelle
Nachdem die Deutsche Bahn ihre ICE3 Flotte stilllegen musste wegen einem Radsatzwellenbruch möchte ich hier etwas Hintergrundwissen verbreiten. Dies scheint dringend nötig zu sein, denn sowohl der Wikipedia Artikel wie auch diverse Journalisten mühen sich mit den Fachbegriffen ab
Die Radsatzwelle ist die Verbindung zwischen den beiden Radscheiben. Das ganze heisst Radsatz. Der Begriff Achse wird je nach Zusammenhang sowohl für Radsatz, wie auch für Radsatzwelle verwendet und ist deshalb manchmal missverständlich.
Radsatz mit Radscheiben und Radsatzwelle
Die Radsatzwelle ist grossen Belastungen ausgesetzt. Durch das Gewicht des Fahrzeuges verbiegt die Welle wie auf dem Bild unten dargestellt. Die Stellen auf der Unterseite werden auf Druck belastet, die Stellen auf der Oberseite auf Zug.
Wenn das Eisenbahnfahrzeug fährt dreht sich die Radsatzwelle. Somit wird bei jeder Umdrehung eine bestimmte Stelle in der Radsatzwelle einmal auf Zug- und einmal auf Druck belastet. Es entsteht somit eine schwingende Belastung.
Jeder Werkstoff versagt schneller, wenn er schwingenden Beanspruchungen ausgesetzt ist. Die Theorie dazu wurde von August Wöhler Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelt. Er versuchte gleich wie die Deutsche Bahn dem Bruch von Radsatzwellen zu finden. Die von ihm entwickelte Versuchsmethode wird noch heute benutzt und wird für die Ermittlung der Festigkeit von verschiedensten mechanischen Bauteilen eingesetzt.
Ausser der oben beschriebenen Belastung muss die Radsatzwelle auch die Kräfte bei einer Kurvenfahrt aufnehmen können, sowie die Schläge bei Fahrten über Weichen.
Bei Triebfahrzeugen wird auch das Drehmoment des Antriebs über die Radsatzwelle auf die Radscheiben übertragen. Dadurch wird die Radsatzwelle in sich verdreht und es entsteht eine zusätzliche Torsionsbelastung. Diese wird besonders stark bei Schleudervorgängen, wo sich die Radscheiben gegeneinander verdrehen können, wenn z.B nur das Rad auf einer Schiene noch Haftung hat und das andere Rad bereits am Gleiten ist.
Konstruktion
Die meisten heute eingesetzten Radsatzwellen haben einen Durchmesser von 15 bis 20 cm, sind geschmiedet und nachträglich bearbeitet. Radsatzwellen von schnellfahrenden Fahrzeugen sind manchmal mit einem speziellen Kunstoffschlagschutz beschichtet, der verhindern soll, dass aufgeworfene Schottersteine die Oberfläche beschädigen kann. Die von Fremdkörpern verursachten Beschädigungen sind oft der Ausgangspunkt von Rissen.
Prüfung
Heute werden die meisten Radsatzwellen hohl ausgeführt (ähnlich wie ein Rohr). Der Innendurchmesser der Bohrung ist zwischen 3 und 9 cm. Die Prüfung auf Risse erfolgt ebenfalls durch diese Bohrung. Dabei wird mit einem Prüfkopf ein Ultraschallsignal ausgesendet, das an Rissen reflektiert wird. Die Prüfung dauert pro Radsatzwelle 10 Minuten wenn sie mit einer automatischen Prüfeinrichtung durchgeführt wird, von Hand geht es ca. 2 Stunden.
Gab es schon früher Probleme mit Radsatzwellen ?
Die Radsatzwelle ist eines der kritischsten Elemente des Systems Eisenbahn weil ihr Versagen fast immer zu einem Unfall führt - glücklicherweise meist bei langsamer Fahrt über Weichenstrasse wie auch beim ICE3 in Köln. Probleme mit Radsatzwellen gibt es immer wieder, die aber von den Ingenieuren in der Regel gefunden und beseitigt werden können.
Hier einige Beispiele:
In Toronto bricht 1979 an einem Güterzug eine Achse. Wegen den teilweise mit Gefahrenstoffen geladenen Wagen müssen 240'000 Leute evakuiert werden.
In der Schweiz müssen 2005 einige ältere Reisezugwagen ausrangiert werden, nachdem in Aarau eine Radsatzwelle versagte. (hier mit Beschreibung der Geräusche vor und während dem Versagen.)
In München mussten zweimal die C-Wagen der U-Bahn ausser Betrieb genommen werden weil Risse an den Radsatzwellen auftraten.
Bei den mit Neigetechnik ausgerüsteten Zügen 611, 612 und ICE TD sind Risse in den Radsatzwellen aufgetreten. Sie wurden nach einem Unfall in Berlin entdeckt.
Die schwedischen X2000 Züge mussten vor einigen Jahren kurzzeitig stillgelegt werden wegen Rissen.
(Die Auflistung zeigt, dass in den meisten Fällen die Risse entdeckt wurden, bevor es zur Katastrophe kam !)
Die Radsatzwelle ist die Verbindung zwischen den beiden Radscheiben. Das ganze heisst Radsatz. Der Begriff Achse wird je nach Zusammenhang sowohl für Radsatz, wie auch für Radsatzwelle verwendet und ist deshalb manchmal missverständlich.
Radsatz mit Radscheiben und Radsatzwelle
Die Radsatzwelle ist grossen Belastungen ausgesetzt. Durch das Gewicht des Fahrzeuges verbiegt die Welle wie auf dem Bild unten dargestellt. Die Stellen auf der Unterseite werden auf Druck belastet, die Stellen auf der Oberseite auf Zug.
Wenn das Eisenbahnfahrzeug fährt dreht sich die Radsatzwelle. Somit wird bei jeder Umdrehung eine bestimmte Stelle in der Radsatzwelle einmal auf Zug- und einmal auf Druck belastet. Es entsteht somit eine schwingende Belastung.
Jeder Werkstoff versagt schneller, wenn er schwingenden Beanspruchungen ausgesetzt ist. Die Theorie dazu wurde von August Wöhler Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelt. Er versuchte gleich wie die Deutsche Bahn dem Bruch von Radsatzwellen zu finden. Die von ihm entwickelte Versuchsmethode wird noch heute benutzt und wird für die Ermittlung der Festigkeit von verschiedensten mechanischen Bauteilen eingesetzt.
Ausser der oben beschriebenen Belastung muss die Radsatzwelle auch die Kräfte bei einer Kurvenfahrt aufnehmen können, sowie die Schläge bei Fahrten über Weichen.
Bei Triebfahrzeugen wird auch das Drehmoment des Antriebs über die Radsatzwelle auf die Radscheiben übertragen. Dadurch wird die Radsatzwelle in sich verdreht und es entsteht eine zusätzliche Torsionsbelastung. Diese wird besonders stark bei Schleudervorgängen, wo sich die Radscheiben gegeneinander verdrehen können, wenn z.B nur das Rad auf einer Schiene noch Haftung hat und das andere Rad bereits am Gleiten ist.
Konstruktion
Die meisten heute eingesetzten Radsatzwellen haben einen Durchmesser von 15 bis 20 cm, sind geschmiedet und nachträglich bearbeitet. Radsatzwellen von schnellfahrenden Fahrzeugen sind manchmal mit einem speziellen Kunstoffschlagschutz beschichtet, der verhindern soll, dass aufgeworfene Schottersteine die Oberfläche beschädigen kann. Die von Fremdkörpern verursachten Beschädigungen sind oft der Ausgangspunkt von Rissen.
Prüfung
Heute werden die meisten Radsatzwellen hohl ausgeführt (ähnlich wie ein Rohr). Der Innendurchmesser der Bohrung ist zwischen 3 und 9 cm. Die Prüfung auf Risse erfolgt ebenfalls durch diese Bohrung. Dabei wird mit einem Prüfkopf ein Ultraschallsignal ausgesendet, das an Rissen reflektiert wird. Die Prüfung dauert pro Radsatzwelle 10 Minuten wenn sie mit einer automatischen Prüfeinrichtung durchgeführt wird, von Hand geht es ca. 2 Stunden.
Gab es schon früher Probleme mit Radsatzwellen ?
Die Radsatzwelle ist eines der kritischsten Elemente des Systems Eisenbahn weil ihr Versagen fast immer zu einem Unfall führt - glücklicherweise meist bei langsamer Fahrt über Weichenstrasse wie auch beim ICE3 in Köln. Probleme mit Radsatzwellen gibt es immer wieder, die aber von den Ingenieuren in der Regel gefunden und beseitigt werden können.
Hier einige Beispiele:
In Toronto bricht 1979 an einem Güterzug eine Achse. Wegen den teilweise mit Gefahrenstoffen geladenen Wagen müssen 240'000 Leute evakuiert werden.
In der Schweiz müssen 2005 einige ältere Reisezugwagen ausrangiert werden, nachdem in Aarau eine Radsatzwelle versagte. (hier mit Beschreibung der Geräusche vor und während dem Versagen.)
In München mussten zweimal die C-Wagen der U-Bahn ausser Betrieb genommen werden weil Risse an den Radsatzwellen auftraten.
Bei den mit Neigetechnik ausgerüsteten Zügen 611, 612 und ICE TD sind Risse in den Radsatzwellen aufgetreten. Sie wurden nach einem Unfall in Berlin entdeckt.
Die schwedischen X2000 Züge mussten vor einigen Jahren kurzzeitig stillgelegt werden wegen Rissen.
(Die Auflistung zeigt, dass in den meisten Fällen die Risse entdeckt wurden, bevor es zur Katastrophe kam !)
Labels: Radsatzwelle
Freitag, Juli 11, 2008
ICE3 stillgelegt
Nach einem Unfall in Köln wird die ICE3 Flotte stillgelegt um die Radsatzwellen zu überprüfen.
Reuters
Hier noch der Link zum EBA Bescheid, welcher die Stillegung verursacht hat. (Eisenbahnkurier)
Reuters
Hier noch der Link zum EBA Bescheid, welcher die Stillegung verursacht hat. (Eisenbahnkurier)
Labels: ICE3, Radsatzwelle